Ein Gymnasium in Baden-Baden benötigte einen zusätzlichen Raum zum Lernen. Das Problem: Das denkmalgeschützte Gebäude durfte weder erweitert noch umgebaut werden. Die Lösung: ein eigenständiges Raum-in-Raum-System in F30 mit hohem Schallschutz im geräumigen Gebäude.
Raumnot an Schulen ist keine Seltenheit. Rasant steigende Schülerzahlen führen zu Überbelegungen, die mancherorts bei über 60 Prozent liegen. Regelmäßig müssen Schüler daher zwischen verfügbaren Klassenzimmern pendeln, mitunter lernen sie auf dem Flur oder werden in der Aula unterrichtet. In ihrer Not greifen Stadt und Schule auch zu provisorischen Lösungen wie Containern, was mittlerweile den Status des Einzelfalls verloren hat. Vor dieser Kulisse benötigte auch die Oberstufe des Markgraf-Ludwig-Gymnasiums in Baden-Baden dringend einen Raum für die Unterrichtsvor- und -nachbereitung. Das Problem war freilich weniger drastisch: Immerhin musste ein zusätzlicher Raum geschaffen werden, ohne dass das denkmalgeschützte, vom Jugendstil geprägte Gebäude erweitert oder umgebaut werden durfte. Als Lösung bot sich das großzügige Treppenhaus des Bestandsbaus an. Hier wurde für die Lernzwecke schließlich ein Raum-in-Raum-System mit hohem Schallschutz eingestellt. Weil dies innerhalb eines Flucht- und Rettungsweges geschah, musste die Lerninsel die Brandschutzanforderung F30 einhalten.
Mehr-Dimensionales als Rückzugsort
Raum-in-Raum-Lösungen sind dafür ausgelegt, die Gestaltung von Großräumen zu unterstützen. Schließlich können Trennwände, die in kleinen Einheiten noch für Schallschutz und Diskretion sorgten, mit raumakustischen Maßnahmen im Großraum allein schwer kompensiert werden. Raum-in-Raum-Systeme können diese Aufgabe übernehmen, wobei sie – frei in Open-Space-, Gemeinschafts- oder Empfangsbereichen positionierbar – keinen oder nur einen geringfügigen Anschluss an Bauteile wie Fassade, Wand und Decke benötigen und sich durch ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit und Flexibilität auszeichnen. Gestalterische Autonomie ist dabei nur ein Aspekt ihres multifunktionalen Ansatzes. Klimatisierbar, schall- und brandgeschützt, ermöglichen die Raum-in-Raum-Systeme eine hohe bau- und raumakustische Qualität, was sich besonders in Schulen auszahlen kann, wo der Lärmpegel nicht selten zwischen 60 und 85 dB liegt.
Akustik in Raum und Bau
Schon seit Längerem empfehlen Wissenschaftler und Pädagogen für Räume, die zu Bildungszwecken genutzt werden, einen Grundschallpegel von etwa 30 bis 45 dB. Als Normschallpegeldifferenzen zwischen Großräumen und Raum-in-Raum-Systemen werden – je nachdem, welcher Grad der akustischen Abtrennung erreicht werden soll – Werte von 27 bis 37 dB angeraten, was Bauschalldämmmaßen von 32 bis 42 dB entspricht. Weil für Raum-in-Raum-Systeme in der Regel nicht von einem diffusen Schallfeld ausgegangen werden kann, ist es darüber hinaus entscheidend, wo in dem System und in welcher Ausführung ein Absorber platziert wird.
Lernen im Cubic Space
Umgesetzt wurde die Raum-in-Raum-Lösung im Markgraf-Ludwig-Gymnasium mit dem System „Knauf Cubo“, das nicht nur die Ausführung in F30 erlaubt, sondern auch die erforderliche Schalldämmung bietet. Weil es in den Raum eingestellt werden kann, erfüllt es zudem die Auflage der Denkmalschutzbehörde, den Bestandsbau möglichst wenig zu beeinträchtigen. Gleichzeitig hebt es sich optisch von den historischen Gebäudeteilen ab, sodass das Baudenkmal seinen Charakter behält. Die Form des 45 m² großen Raumsystems ergab sich direkt aus dem Umriss des Bestandstreppenhauses, von dem der Platz für den Fluchtweg abgezogen wurde. Inspiriert ist der Entwurf mit seinen geschwungenen Wänden, abgerundeten Ecken und runden Fenstern vom gerundeten Deckengewölbe des Jugendstil-Gebäudes.

Dem Würfel das Profil geben
Entwickelt wurde das gewünschte Cubo-System als eigenständiger Raumkörper mit freigespannter Decke. Für die Unterkonstruktion kamen vorgefertigte gerade und gebogene Profile inklusive sechs verstärkter UA-Profile zum Einsatz. Ebenfalls vorgefertigt wurden Formteile aus Diamantplatten in vier verschiedenen Radien mit Innen- und Außenrundungen sowie V-gefräste GK-Formteile für den an der Decke umlaufenden Fries. Bei der Montage wurden zunächst die verstärkten UA-Profile aufgestellt, dann wurden die geraden UW- sowie die Sinus-Profile für die abgerundeten Ecken am Boden montiert und schließlich die CW-Profile in dieses Gerüst eingestellt. Dabei wurde die Raumzelle an zwei Punkten im Bestandsgebäude verankert, sonst aber freistehend errichtet. Komplettiert wurde die Unterkonstruktion mit einem Abschlusskranz aus aufgedoppelten UA-Profilen, der den Rundungen des Raumes folgt. Unter den UA-Profilen verläuft ein weiteres Sinusprofil. Der Abschlusskranz wurde mit den UA-Profilen der Wände verschraubt, was ein freitragendes Deckensystem erlaubte.

Die beidseitige Beplankung aus zwei Lagen Diamantplatten in Form von Viertel- und Halbschalen sowie geraden Elementen garantiert den geforderten Feuerwiderstand F30, während die eingebrachte PW1-Mineralwolle die Lerninsel vom Treppenhauslärm abgrenzt. Als besonders diffizil stellte sich die Umsetzung der Fensteroptik heraus. Weil runde Ausführungen mit entsprechender Brandschutzzulassung am Markt nicht erhältlich sind, mussten eckige Fenster eingebaut werden. Um sie der Architektur anzugleichen, versahen sie die Trockenbauer mit einer runden Bekleidung. Die fertige Konstruktion wurde von ihnen schließlich in Q3 verspachtelt und von den Malern um eine Q4-Spachtelung ergänzt sowie gestrichen.
20 plus 1
Das Markgraf-Ludwig-Gymnasium in Baden-Baden besuchen derzeit rund 650 Schüler. Auf fünf Etagen bietet ihnen das Schulgebäude 20 Klassenzimmer, wobei jede Klasse ihren eigenen Klassenraum hat. Der 21. Raum für konzentriertes Lernen ist heute der Cubo im Public Space.
Quelle
Knauf Gips KG, Iphofen
