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Unterkonstruktionen 6. May 2020 Kleben ist das neue Schrauben

Klebstoffe erobern den Innenausbau. Voraussetzung für eine gute Klebung ist eine Abstimmung des Klebers auf die Werkstücke. Wir zeigen, wie es geht.

Die Klebetechnik bringt eine Reihe Vorteile für den Verarbeiter und damit letztlich für den Kunden mit sich. Zunächst einmal ist das Aufziehen eines Kleberstranges auf die Fügeteile wesentlich einfacher und unaufwändiger als dübeln oder schrauben. Die Verbindung ist flächiger als bei Schrauben, damit ergibt sich eine gleichmäßigere Kraftverteilung beziehungsweise Lastabtragung. Auch werden die Fügeteile, zum Beispiel Boden- und Wandflächen, nicht geschädigt, bei den Platten fallen auch die nicht unerheblichen Spachtelzeiten für die Schraublöcher weg. Nicht zuletzt ist eine geklebte Konstruktion immer leichter als eine durch viele Schrauben oder Nägel zusammengehaltene. Was die Belastbarkeit und Dauerhaftigkeit angeht, haben moderne Kleber längst zu den mechanischen Befestigungen aufgeschlossen. Allerdings bedarf es für eine gute Klebung der genauen Kleberauswahl und gegebenenfalls einer gründlichen Vorbereitung der Klebeflächen.

Welche Kleberarten gibt es?

Die große Anzahl der im Markt befindlichen Kleber sind unterschiedlichen Kategorisierungen zugeordnet. Die wichtigste Kategorie ist die nach der chemischen Basis, denn die bestimmt in der Regel auch, welche Materialien überhaupt miteinander verklebt werden können. Durchgesetzt haben sich die folgende Klebersysteme:

Epoxid-(EP)-Klebstoffe

Epoxid-Klebstoffe werden in der Regel als 2-K-Produkt verkauft. Allein diese Tatsache macht diese Kleber unempfindlich gegenüber Öle und andere aggressive Stoffe. Je nach Härtertyp sind Topfzeiten zwischen 4 Minuten und 3 Stunden möglich, die Aushärtung kann bei Raumtemperatur zwischen 20 Minuten und 15 Stunden liegen. Mit EP-Klebstoffen lassen sich vor allem Fügeteile mit einer sehr glatten Oberfläche kleben, wie etwa viele Kunststoffe, Glas, Metall und Keramik. Bei Metallverklebungen ist es wichtig, dass die Kontaktflächen durch Anschleifen von der üblichen Oxidschicht befreit werden. Die erreichbaren Festigkeiten sind hoch, allerdings nur bei Zug- oder Zug-Scher-Beanspruchungen. Sogenannte Schälbeanspruchungen sind weniger günstig für diese Verklebungen. EP-Kleber sind bis zu mehreren Millimetern fugenfüllend.

Polyurethan-(PUR)-Klebstoffe

PUR-Kleber kleben bei bestimmten Materialien (Metall) nicht ganz so gut wie EP-Kleber, sie sind dafür aber vielseitiger einsetzbar. Vor allem bei sogenannten Kombinationsverklebungen verschiedenster Werkstoffe sind die PUR-Kleber ideal. Die Härtezeiten sind ähnlich lang wie bei EP, durch Zugabe eines Beschleunigers können diese erheblich verkürzt werden, ohne die sonstigen Eigenschaften des Klebstoffes zu verändern. PU-Kleber können auch in unterschiedlichen Härtegraden hergestellt werden. Für hohe und unbewegte Lasten reicht ein hart eingestellter Klebstoff, bei dynamischen Beanspruchungen sollte die flexible Variante gewählt werden. Dazwischen sind die zähelastischen Produkte eingeordnet, die einen goldenen Mittelweg bedeuten. Auch PUR-Kleber sind fugenfüllend, sie werden sowohl als einkomponentige als auch als zweikomponentige Variante verkauft.

Acrylat-Klebstoffe

Acrylat-Klebstoffe werden aufgrund ihrer hervorragenden Alterungsbeständigkeit gerne beim Verkleben von Dampfbremsfolien bei den Luftdichtheitsebenen eingesetzt. Acrylatkleber hatten lange Zeit einige Nachteile, zum Beispiel den sehr strengen Geruch, lange Aushärtezeiten und eine geringe Schlagfestigkeit. Neuartige 2-K-Acrylat-Klebstoffe weisen diese Schwächen nicht mehr auf, sie härten doppelt so schnell aus wie ihre Vorgänger und riechen nicht mehr. Sie sind vor allem geeignet für die Verklebung von Kunststoffen wie PMMA (Polymethylmethacrylat), PC (Polycarbonat) und PVC, aber auch für Metalle wie Aluminium und Edelstahl. Bei den Methlmetacrylat-Klebstoffen handelt es sich um zweikomponentige Kleber, die hohe Festigkeiten und eine hohe Elastizität miteinander verbinden. Die ausgehärtete Klebermasse kann Dehnbeanspruchungen bis zu 120% rissfrei aushalten. Diese Kleber sind UV, chemikalien- und wasserbeständig.

Silanterminierte Polymerklebstoffe

Kaum ein anderer Klebstoff ist unter so vielen anderen Kürzeln im Handel wie diese Gruppe: MS-Polymer, Hybrid-Polymer, SPUR (silikanterminiertes Polyurethan) etc. Diese Kleber kleben fast alles, also Metalle, Kunststoffe (außer PE und PP), poröse Materialien wie Mauerstein, Mörtel und auch keramische Fliesen sowie Holz und Holzwerkstoffe. Was MS-Kleber für den Innenausbau so interessant macht, ist die Tatsache, dass sie bei Aushärtung nur wenig bis gar nicht schrumpfen und überstreichbar sind. Dazu kommt ihre UV- und Temperaturbeständigkeit von -40 bis 120°C. MS-Polymerkleber sind zähelastisch eingestellt und so auch für dynamisch beanspruchte Verklebungen geeignet.

Dispersionsklebstoffe

Dispersionsklebstoffe fallen in dieser Aufzählung aus der Reihe, da sie im Gegensatz zu den anderen genannten Klebern nicht chemisch, sondern physikalisch aushärten. Bei den Dispersionen sind die Klebebestandteile fein in Wasser verteilt (nicht gelöst!), durch Verdunsten des Wassers nähern sich die Klebebestandteile an und verbinden sich zum eigentliche Klebefilm. Dieser Abbindeprozess setzt voraus, dass das Wasser tatsächlich entweichen kann, es muss also mindestens eine der beiden Kontaktoberflächen saugend sein. Durch den mitunter langen Aushärteprozess ist es unter Umständen nötig, dass die Fügeteile fixiert werden, trotz der relativ hohen Anfangshaftung dieser Kleber. Klebungen dieser Art sind im Innenausbau durchaus üblich, etwa bei Fuß- und Passleisten. Das auch deshalb, weil Dispersionen frei von organischen Lösemitteln sind. Ein Problem ist, dass die Kartuschen durch die Frostempfindlichkeit des Inhalts nur im Innenbereich gelagert werden können.

Die chemische Basis und die Anwendungen sind auf den Kartuschen der Kleber in der Regel angegeben.

Achtung: Bei den MS-Polymerklebern kann es unter einem Namen verschiedene Produkte geben, die für unterschiedliche Einsätze gedacht sind.

Klebungen richtig vorbereiten

Um Klebungen zu ermöglichen beziehungsweise zu verbessern, ist oft der Einsatz eines Haftvermittlers oder Primers angesagt. Beide Produkte schaffen bei schlecht verklebbaren Werkstoffen oder Oberflächen eine Haftbrücke zwischen dem jeweiligen Werkstoff und dem Kleber. Auch wenn besondere Anforderungen vorliegen, wie etwa eine hohe Feucht-/Nassfestigkeit oder ungewöhnliche Temperaturbelastungen, werden Haftvermittler eingesetzt. Beide sind in nur sehr dünnen Schichten aufzutragen, nur so entfalten sie ihre volle Wirkung und die Trocknung nimmt nicht zu viel Zeit in Anspruch. Bevor geklebt wird, muss der Primer/Haftvermittler vollständig getrocknet sein. Im Baustellenalltag empfiehlt es sich, nicht zu lange zwischen der Trocknung und dem Kleben zu warten, da der sich absetzende Staub die haftvermittelnde Wirkung beeinträchtigen kann. Ob und wie ein Primer/Haftvermittler einzusetzen ist, steht in der Verarbeitungsanleitung des Klebers. Auch hier gilt: Wer bei beiden im System bleibt, ist auf der sicheren Seite.

Professionelle Klebstoffe gibt es zum Beispiel bei folgenden Herstellern:

Autor
Ulrich Wolf
Redaktion ausbaupraxis.de

Keyvisual und Teaserbild: Soudal

zuletzt editiert am 13.06.2022