Bei gut neun Prozent Marktanteil landeten alternative Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen im Jahr 2019 (Umfrage der „Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe“, FNR, 2020). Das ist im Vergleich zu Dämmstoffen auf mineralischer (43 %) und fossiler Basis (48 %) ein eher kleiner Anteil, aber dieser steigt und Hersteller sowie Händler erwarten weiterwachsende Marktanteile. Grund genug sich einzelne nachhaltige Dämmstoffe einmal genauer anzuschauen.
Was sind ökologische Dämmstoffe?
Eine offizielle einheitliche Definition für ökologische, biologische, alternative oder nachhaltige Dämmstoffe gibt es nicht. Im Allgemeinen werden so aber Dämmmaterialien bezeichnet, die aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz, Hanf oder Schafwolle hergestellt werden. Alternativ können sie aus Recyclingmaterial wie Altpapier bestehen oder natürlichen mineralischen Ursprungs sein, wie z.B. Blähton.
Unter den natürlichen Dämmstoffen sind Holzfaserdämmstoffe mit Abstand am beliebtesten (geschätzter Marktanteil 58 %), gefolgt von Zellulose (32 %) und weiteren ökologischen Dämmstoffen wie Hanf, Flachs und Schafwolle (10 %). Eingesetzt werden diese meist als Platten-, Einblas- und Mattendämmung.
Es gibt zahlreiche weitere Naturdämmstoffe, die in vielen Anwendungsfällen so gute Dämmwerte erzielen, dass sie eine echte Alternative zu herkömmlichen Dämmstoffen wie dem erdölbasiertem Polysterol oder Mineralwolle darstellen. Die fünf wichtigsten, weil häufiger eingesetzten, ökologischen Dämmstoffe stellt die folgende Übersicht etwas genauer vor.
Holzfasern, Zellulose, Hanf, Flachs und Schafwolle – die beliebtesten ökologischen Dämmstoffe

Holzfasern
Die Produktpalette ist umfänglich – die Holzfaserdämmung kommt in Form von Platten, Matten und Einblasdämmung daher. Abgesehen von einer Perimeterdämmung können Holzfasern für nahezu alle Dämmaufgaben eingesetzt werden: in Form von flexiblen Matten oder als Einblasdämmung zur Dach- und Wanddämmung, als feste Platten u.a. zum Dämmabschluss, als Unterdach, Trittschall, abgehängte Decke, Putzträger, profilierte Akustikdecke oder in Wärmedämmverbundsystemen. Zur Flachdachdämmung sind sie nur bedingt geeignet. Holzfaserdämmungen können wiederverwendet, recycelt, unter Umständen kompostiert oder thermisch verwertet werden. Dämmstoffe aus Holzfasern erreichen außerordentlich gute Werte beim sommerlichen Wärmeschutz, sie sind schimmel- und schädlingsresistent und zeigen eine hohe Feuchteresistenz bei gleichbleibender Dämmwirkung. Sie ermöglichen außerdem einen guten Schallschutz, bieten allerdings auch Nagetieren einen Nistplatz. Dagegen können Mäusegitter helfen.

Zellulose
Zellulosedämmstoffe werden aus Altpapier hergestellt. Aus diesem Grund ist der Energiebedarf bei der Herstellung gering und der Preis im Vergleich zu anderen ökologischen Dämmstoffen normalerweise günstig. Um den geforderten Brandschutz zu erreichen, werden dem zerfaserten Altpapier noch Zusatzstoffe hinzugefügt, die nicht biologisch abbaubar sind. Zellulosedämmstoffe sind daher nicht kompostierbar, aber wiederverwertbar und deponierfähig. Zellulose wird als Einblasdämmung, Dämmschüttung und in Form von Dämmplatten verwendet und kann dementsprechend für viele Anwendungsfälle eingesetzt werden. Sie ist aber ebenso wenig wie Holzfaserdämmstoffe als Perimeterdämmstoff geeignet. Die schimmel- und schädlingsresistente Zellulose hat gute Wärmedämm- und Wärmespeicherfähigkeiten. Zellulosedämmungen erreichen einen hohen sommerlichen Hitzeschutz und könne außerdem Feuchte sehr gut regulieren, sind aber anfällig für Fäule.

Hanf
Die seit Jahrtausenden angebaute Nutzpflanze liefert den Rohstoff für Dämmvliese, -matten und -platten sowie für Stopfdämmungen und Schüttdämmstoffen. Dafür werden entweder Hanffasern oder die verholzten Schäben der Pflanze verwendet. Als Brandschutzmittel dient – herstellerabhängig – Soda oder Amoniumphosphat. Hanf wächst schnell, ist anspruchslos und unkompliziert im Anbau, der auch in Deutschland stattfindet. Das wirkt sich positiv auf die Ökobilanz von Hanfdämmungen aus. Ein Recycling ist problemlos möglich. Ohne Zusatzstoffe sind Hanfdämmungen sogar kompostierbar. Je nach Art der Hanfdämmung kann das Material z.B. als Zwischensparren- und Untersparrendämmung, als Dämmung zwischen konstruktiven Hölzern, für Hohlräume, Fußboden, Decke und als Trittschalldämmung zum Einsatz kommen. Hanf enthält kein Eiweiß und ist daher von Natur aus unattraktiv für Insekten. Das schimmel- und schädlingsresistente Material hat eine gute Wärmedämmung, bietet einen sehr guten sommerlichen Wärmeschutz sowie einen hohen Schallschutz und sorgt durch seine sehr gute Feuchteregulierungsfähigkeit für ein angenehmes Raumklima.

Flachs
Flachs ist vielen eher als Lieferant für Leinenstoffe, Leinsamen und Leinöl bekannt. Die ausgesprochen hohe Widerstandfähigkeit macht den Rohstoff aber auch für den Einsatz als nachhaltigen und ökologischen Dämmstoff interessant. Aus dem Material werden Dämmstoffmatten, -platten, Vliese, Schüttgut, Einblasdämmungen und Stopfwolle für die Wärme- und Schalldämmung hergestellt. Genutzt werden dafür die Kurzfasern der Pflanze, die für die Textilherstellung uninteressant sind. Als Zusatzstoffe können Stützfasern aus PE oder Pflanzenstärke (z.B. Kartoffelstärke) und Brandschutzmittel verwendet werden. Es gibt aber auch Dämmstoffe aus Flachs ohne Zusatzstoffe. Diese sind dann kompostierbar oder weiterverwendbar, z.B. als Mulchmaterial. Für die Ökobilanz des Materials vorteilhaft sind die kurzen Transportwege, da es hauptsächlich aus Frankreich und Belgien kommt. Die Pflanze ist außerdem relativ resistent gegen Schädlinge und eignet sich daher gut für den ökologischen Anbau. Dämmstoffe aus Flachs werden u.a. eingesetzt als Zwischensparren- und Untersparrendämmung, zur Innendämmung von Wänden, zur Fenster- und Türenabdichtung sowie zur Trittschalldämmung. Nicht geeignet ist das Material als Perimeterdämmung und zur Außendämmung von Fassade und Dach. Flachs ist schimmel- und schädlingsresistent, widerstandsfähig gegen Fäulnis und hat eine sehr gute Feuchteregulierungsfähigkeit. Dämmstoffe aus Flachs sind leicht zu verarbeiten und sehr formbeständig. Sowohl die Wärme- als auch die Schalldämmung ist gut, nur beim sommerlicher Hitzeschutz erreicht Flachs weniger gute Werte.

Schafwolle
Wolle als Rohstoff für Dämmstoffe stammt in der Regel aus Deutschland und ist ein Nebenprodukt der Tierhaltung. Die Schurwolle muss aufwendig aufbereitet und verarbeitet werden, bevor sie als ökologischer Dämmstoff zur Anwendung kommen kann. Im Zuge dessen muss die Wolle auch gegen Mottenbefall geschützt werden. Das wird je nach Hersteller mit unterschiedlichen Stoffen (Biozide, Natriumborate u.a.) erreicht. Schafwolle ist für die Dämmung von Dach, Wand, Decke und Außenfassade geeignet. Sie hat sich aber auch als Trittschalldämmung, zur Schalldämmung von Klima- und Lüftungsanlagen, im Bereich der gedämmten Installationsebene sowie als Stopfwolle für Fugen und Hohlräume bewährt. Als Perimeterdämmung ist sie ungeeignet. Eine Schafwolldämmung erreicht eine sehr gute Wärmedämmung, bei ausreichender Dichte auch einen guten sommerlichen Wärmeschutz. Sie ist von Natur aus schimmelresistent und hat eine sehr gute Feuchteregulierungsfähigkeit. Darüber hinaus kann Schafwolle Schadstoffe (z.B. Formaldehyd) aus der Raumluft aufnehmen und binden. Sie ist sehr elastisch, was dem Dämmstoff Langlebigkeit und Formstabilität verleiht. Auch durch Feuchtigkeitsaufnahme wird diese Formstabilität ebenso wenig wie die Dämmeigenschaft beeinträchtigt.
Weitere Beispiele für Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen
Die Liste an ökologischen Dämmstoffen ist noch viel länger. Neben den oben genannten werden auch Holzspäne und Holzwolle, Blähton, Jute, Kork, Schilfrohr, Seegras, Stroh und Wiesengras als Dämmstoff eingesetzt. Jedes dieser Materialien bringt seine eigenen Vor- und Nachteile mit was Wärmedämmung, Schalldämmung, Brandschutz, Feuchteverhalten, sommerlicher Hitzeschutz, Diffusionsoffenheit, Kompostierbarkeit, Schädlingsresistenz, Energiebedarf bei der Herstellung etc. angeht.
Was sind Vor- und Nachteile ökologischer Dämmstoffe?
Die Vorteile ökologischer Dämmstoffe gegenüber konventionellen Dämmstoffen sind zahlreicher als ihre Nachteile. Da sie aus nachwachsenden oder recycelten Rohstoffen bestehen, schont ihre Verwendung unsere Ressourcen. Ihr An- und Abbau sowie ihre Entsorgung ist deutlich umweltschonender und der Energiebedarf bei der Herstellung geringer.
Ökologischer Dämmstoffe bieten im Allgemeinen eine gute bis sehr gute Dämmleistung, einen überdurchschnittlichen sommerlichen Hitzeschutz und eine gute Feuchtigkeitsregulierung. Bei richtigem Einbau und Kenntnis der Materialeigenschaften stehen sie auch in Punkto Langlebigkeit und Dauerhaftigkeit konventionellen Dämmstoffen nicht nach.
Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen gehören zu den „gesunden“ Baustoffen, d.h. sie sind in der Regel frei von Schadstoffen. Störende oder schädliche Emissionen sind nicht zu erwarten. Viele ökologische Dämmstoffe bewirken aufgrund ihrer bauphysikalischen Eigenschaften ein angenehmes Raumklima. Einige Dämmstoffe wie Schafwolle können sogar Schadstoffe aus der Raumluft aufnehmen und binden. Darüber hinaus lassen sie sich gesundheitsverträglicher verarbeiten, weil dabei keine gesundheitsschädlichen oder hautreizenden Stäube entstehen.
Wichtig: Ökologische Dämmstoffe können chemische Zusätze enthalten, um das Material z.B. schädlingsresistent zu machen oder um Brandschutzvorschriften zu erfüllen. Dies ist bei der Verarbeitung und auch der Entsorgung zu beachten.
Ein – oft ausschlaggebender –Nachteil ökologischer Dämmstoffe ist der Preis, denn sie sind meist deutlich teurer als klassische Dämmstoffe wie Polysterol und Mineralwolle. Ein Grund dafür ist sicher, dass ihre Anwendung noch nicht weit verbreitet ist und die Materialien in entsprechend kleinen Mengen hergestellt werden. Allerdings arbeitet die Zeit für ökologische Dämmstoffe, denn die fossilen Rohstoffe für die Polystyrol-Produktion werden durch ihre absehbare Endlichkeit rapide teurer.
Je nach Anwendungsfall kann ein weiterer Nachteil ökologischer Dämmstoffe ein nicht ausreichender Brandschutz sein. Für Einfamilienhäuser und kleine Mehrfamilienhäuser sind ökologische Dämmstoffe mit Blick auf den Brandschutz meistens problemlos einsetzbar. Bei erhöhten Brandschutzanforderungen, wie sie häufig für größere Gebäude vorgeschrieben sind, können viele ökologische Dämmstoffe allerdings noch nicht zum Einsatz kommen.
Wo können ökologische Dämmstoffe eingesetzt werden?
Grundsätzlich gilt: Den einen idealen Dämmstoff, der für jeden Einsatzbereich geeignet, gesundheitsverträglich, preisgünstig, ressourcenschonend, nachwachsend und feuerbeständig ist, gibt es nicht – weder in der Gruppe der alternativen Dämmstoffe noch bei den synthetischen Dämmstoffen.
Bis auf wenige Ausnahmen findet sich aber für jede Dämmaufgabe ein geeigneter Dämmstoff aus nachwachsenden Rohstoffen. Welches Material die geeignete Wahl ist, hängt zunächst einmal davon ab, welches Bauteil gedämmt werden soll. Die Außenwand? Das Dach? Der Boden? Daneben sind die bauphysikalischen Eigenschaften des gewählten Dämmstoffs wichtig. Passen sie zur Dämmaufgabe und zum jeweiligen Einsatzort? Bei der Auswahl außerdem wichtig ist die Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Und am Ende spielt natürlich auch eine Rolle, auf welche Aspekte die Auftraggebenden darüber hinaus besonderen Wert legen: die Ökobilanz des Dämmstoffs, die gesundheitliche Verträglichkeit, der Preis?
Wichtig: Für die Perimeterdämmung sind Dämmstoffe aus Naturfasern nicht geeignet. Auch für Flachdächer sind viele ökologische Dämmstoffe nicht zugelassen.
Was kosten ökologische Dämmstoffe?
Betrachtet man die Materialpreise für einen Quadratmeter Fassadendämmung, so wird deutlich, dass ein gerüttelt Maß an ökologischem Idealismus nötig ist, sich für nachhaltige Dämmstoffe zu entscheiden: Während man für eine EPS-Dämmung 6 bis 10 €/m² ausgeben muss, sind es bei Holzfasern schon 14 bis 54 €, bei Zellulose 5 bis 24 €/m², bei Hanf 9 bis 32 €/m² und bei Schafwolle 22 bis 45 €/m² (Stand April 2020, Quelle der Daten: Verbraucherzentrale, Preise gelten für die gleiche Dämmleistung aller Materialien, R = 4 m²K/W). Zu beachten ist, dass der Materialpreis nur ein Teil der Gesamtkosten ausmacht. Hinzu kommen noch die Arbeitskosten für den Einbau, die oft höher sind als die Materialkosten. Ein doppelt so teurer Dämmstoff bedeutet also nicht unbedingt doppelt so hohe Gesamtkosten.
Autorin:
Franziska Zielke
Redaktion ausbaupraxis.de