Quelle: Theo Ott Holzschindeln GmbH

Fassaden 5. April 2023 Natürlicher Schutz für die Außenwand

Einst waren Fassaden aus Holzschindeln in waldreichen Gebieten über Jahrhunderte sehr verbreitet. Die Holzschindeln sind in langen Winterabenden von Hand gespalten worden, um dann auf dem Dach und an der Wand verlegt zu werden. Mit dem Aufkommen von modernen Fassadenmaterialien wurde die Holzschindel mehr und mehr verdrängt.

In den letzten Jahren erleben Holzschindeln jedoch eine Renaissance und man sieht das natürliche Material wieder häufiger an Fassaden. Moderne Architektur schließt die Schindelbekleidung nicht mehr aus. Im Gegenteil: Sie setzt sie gezielt als Gestaltungselement ein und verlässt sich damit auf ein lange bewährtes Bauprodukt. Die Holzschindel ist wieder gefragt, der Zimmerer bekleidet Fassaden damit.

Gebäude, die mit Holzschindeln gedeckt oder bekleidet sind, fügen sich ästhetisch und harmonisch in die Landschaft ein. Eine Holzschindelwandbekleidung ist ein zuverlässiger Schutzmantel, nicht nur im traditionellen Bau, sondern auch in der modernen Architektur. Je nach Schindelart kann eine unbehandelte Schindelfassade ohne jegliche Pflege bis zu 100 Jahre überdauern. Nicht nur deshalb können Holzschindeln im Fassadenbereich preislich mit anderen Wetterschutzverkleidungen gut mithalten.

Verschiedene Holzarten kommen infrage 

Holzschindeln werden hauptsächlich aus folgenden Holzarten hergestellt:

  • Lärche
    Dieser sommergrüne Nadelbaum wächst vor allem in den mittleren und hohen Lagen der Alpen und der europäischen Mittelgebirge. Das Holz ist eines der härtesten unter den Nadelhölzern und sehr elastisch. Das äußere, helle Splintholz und das rötliche bis braune Kernholz müssen zur Schindelherstellung komplett entfernt werden. Gespaltene Lärchenschindeln werden in Europa seit Jahrhunderten zur Dachdeckung oder Fassadenbekleidung genutzt.
  • Western Red Cedar
    Die Rotzeder ist als immergrüner Nadelbaum an der Westküste Nordamerikas heimisch. Das hellbraune bis dunkelbraune Holz ist leicht und zäh. Die öligen Inhaltsstoffe verbreiten einen starken, aromatischen Geruch und bewirken die Widerstandsfähigkeit gegen Fäulnispilze. Allerdings können sie auch Farbreaktionen mit Metallen hervorgerufen. Als leichtes Nadelholz besitzt die Rotzeder eine niedrige Härte und lässt sich mit allen Werkzeugen bei geringem Kraftaufwand leicht bearbeiten. Es hat ein sehr gutes Stehvermögen.
  • Yellow Cedar
    Die Alaska-Zeder wächst als Nadelbaum nur an der Pazifikküste Nordamerikas. Das Holz dieses etwa 25 m hohen Baums hat eine auffallend helle Farbe. Dank der natürlichen, öligen Inhaltsstoffe ist es sehr widerstandsfähig gegen Fäulnis. Da das Holz auch beträchtlich härter ist als das anderer Nadelbäume, ist auch die mechanische Abnutzung gering. Allerdings ist es dadurch auch schwer spaltbar. Die sehr helle, silbergraue Alterspatina macht diese Holzart optisch zu einem geeigneten Schindelholz. Nasser Mörtel sowie Eisenmetalle und Kupfer führen im feuchten, ungeschützten Holz zu Reaktionsflecken. Das Holz hat aufgrund seines geringen Vorkommens und langen Transportwegs einen eher hohen Preis.
  • Eiche
    Dieser sommergrüne Laubbaum zeichnet sich durch sein hartes, festes Kernholz aus. Das dunkelbraune Kernholz ist von einem hellen Splint umgeben, der zur Schindelherstellung entfernt wird. Die Weißeiche ist, im Gegensatz zur Roteiche, dank ihrer vielen Gerbstoffe sehr widerstandsfähig. Wind und Wetter nutzen dieses Holz aufgrund seiner Härte nur langsam ab. Gespaltene Eichenschindeln gelten als qualitativ hochwertige Fassadenbekleidung und Dachdeckung. Bei Kontakt mit vielen Metallen, vor allem mit Zink oder verzinkten Blechen, treten bei nassem Holz schwarzblaue Verfärbungen auf und Befestigungsmittel können korrodieren.
  • Fichte
    Dieser immergrüne, bis zu 40 Meter hohe Nadelbaum wächst in ganz Europa. Das sehr helle Kernholz lässt sich gut spalten. Schindeln aus diesem Holz werden vorwiegend in Gegenden eingesetzt, wo eine farbliche Behandlung der Schindelfassade Tradition hat. Dies ist auf jeden Fall empfehlenswert, da natürliche, schützende Inhaltsstoffe fehlen. Als Dachdeckungsmaterial sind sie nicht geeignet.
  • Buche
    Dieser Laubbaum ist in ganz Europa außer in Spanien und Portugal verbreitet. Das gelbliche bis bräunliche kernlose Holz ist zäh und hart, neigt aber zum Reißen und lässt sich schwer spalten. Aus diesem Holz werden überwiegend gesägte Zierschindeln hergestellt. Aufgrund fehlender schützender Inhaltsstoffe empfiehlt sich ein chemischer Holzschutz, um Pilzwidrigkeit zu erreichen.
  • Weißtanne
    Das Holz der Weißtanne ist dem der Fichte sehr ähnlich. Allerdings fehlen ihr die Harzkanäle und Harzgallen, so dass sie absolut harzfrei ist. Da sich Tannenholz gut spalten lässt, zählt die Herstellung von Holzschindeln zu den klassischen Verwendungsarten. Fast aus den Wäldern Süddeutschlands verschwunden, wird sie als Baumart der Alpen und der höheren Mittelgebirge, wie des Schwarzwalds, wieder vermehrt gepflanzt, da sie dank ihres tiefreichenden Wurzelsystems weniger anfällig für Trockenheit und Stürme ist als Fichte.

Gespalten oder gesägt?

Für Wandbekleidungen werden neben den handgespaltenen Schindeln auch gesägte Schindeln hergestellt. Die besonderen Qualitätsunterschiede sind beispielsweise

  • paltrau,
  • spaltrau und geschnitzt,
  • sägerau,
  • maschinell gerillt,
  • geschliffen,
  • sandgestrahlt,
  • gebürstet,
  • gebeizt oder pigmentiert.

Die Beschaffenheit der Schindeloberfläche ist ausschlaggebend für die Haltbarkeit der Schindel. In der Regel halten die gespaltenen Schindeln länger als die gesägten. Wegen der spaltrauen Oberfläche läuft das Regenwasser besser ab und es dringt keine bzw. wenig Feuchtigkeit in das Holzinnere. Weitere Oberflächen, wie maschinell gerillt oder geschliffen, dienen vor allem der Optik und sind meist nur im Innenbereich einsetzbar.

Dass die gespaltenen oder gesägten Schindeln in ihren verschiedenen Formen einzigartige Flächen ergeben, bedarf keiner weiteren Erklärung. Immerhin stecken etwa 80 Prozent Handarbeit in dem Endprodukt. Dennoch sind in der DIN 68119 Regeln zu Maßen, zur Eignung für Wandflächen wie auch zu Holzqualitäten festgeschrieben. Die üblichen Schindelformen und Abmessungen sowie die Qualitätsansprüche sind in der DIN 68119 und der Theo Ott Werksnorm enthalten.

Holz quillt und schwindet

Holz kann Wasser aufnehmen und wieder abgeben, es quillt und schwindet. Holz ist ständig in Bewegung und die Dimensionen werden mal größer, mal kleiner. Dies führt auch zu Rissen im Holz, beeinträchtigt aber nicht die Haltbarkeit der Fassade. Das Schwinden und Quellen an der Fassade kann sogar Vorteile haben. Wenn die Schindel in niederschlagreichen Zeiten viel Feuchte aufgenommen hat und dann in niederschlagsärmeren Zeiten zu trocknen beginnt, trocknet und schwindet sie zunächst an der nach außen gerichteten Oberseite in der Breite. Solange die Rückseite noch feucht ist, schüsselt die Schindel leicht nach vorne, was eine bessere Hinterlüftung der Rückseite ermöglicht. Bei feuchter Witterung quellen die Schindeln zuerst an der Oberfläche ihrer nach außen gerichteten Seite. Dadurch erfolgt eine konvexe Schüsselung. Die Außenkanten der Schindel legen sich dicht an den Untergrund an, was die Schutzfunktion der Fassadenbekleidung verbessert.

Die Verlegung von Holzschindeln

Schindeln unterscheiden sich in Normal-, Zier- und Legschindeln. Unter Normalschindeln versteht man gesägte oder gespaltene Schindeln, die bei gleicher Länge unterschiedlich breit sind. Am Schindelfuß sind diese Schindeln entweder stumpf oder mit einer Abschrägung von ca. 45 Grad versehen (Fase oder Spranz). Diese Schindeln können keilförmig oder gleich dick sein. Zierschindeln sind gesägte oder gespaltene Schindeln, die gleich lang und gleich breit sind und deren Fuß häufig mit einer Verzierung versehen ist. Legschindeln werden nicht befestigt, sondern nur beschwert und kommen deshalb für die Fassade nicht infrage. Schindeln können zwei- oder dreilagig verlegt werden. Für die Fassade reicht eine zweilagige Verlegung im Allgemeinen aus, es sei denn, die Wand ist extremen Witterungen ausgesetzt, dann sollte dreilagig verlegt werden. Der Reihenabstand richtet sich nach der Schindellänge, ob die Schindeln zwei- oder dreilagig verlegt werden und nach einzuhaltenden Gebäudelinien wie Fensterstürzen. Die maximal zulässigen Reihenabstände können Tabellen in den „Regeln für Außenwandbekleidungen mit Holzschindeln“, herausgegeben vom Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks, entnommen werden. Allerdings muss der Reihenabstand dennoch immer gebäudebezogen ermittelt werden, da das Deckbild auch an Fensterbrüstungen und -stürzen gleichmäßig verlaufen muss. Dafür muss der Reihenabstand von der Oberkante der jeweiligen Fensteröffnungen aus herunter bis zum Sockel gerechnet werden. Um Unregelmäßigkeiten auszugleichen, kann ein wenig vom ermittelten Reihenabstand abgewichen werden. Dabei muss darauf geachtet werden, dass das Deckbild gleichmäßig erscheint. Sollten nebeneinanderliegende Fenster unterschiedliche Höhen haben, muss ein Reihenabstand ermittelt werden, der optisch an beiden Fensteröffnungen vertretbar ist.

Als leichter und kleinformatiger Baustoff lassen sich Holzschindeln hervorragend bearbeiten und für alle individuellen Fassadenformen anpassen. Ein wichtiges Kriterium ist der Aufbau. Der richtige Aufbau der Unterkonstruktion sorgt für ausreichende Hinterlüftung.

Detailpunkte fachgerecht ausführen

Detailpunkte benötigen, wie bei jeder Baumaßnahme, besondere Aufmerksamkeit. Viele Details finden sich in den „Regeln für Außenwandbekleidungen mit Holzschindeln“. In diesem Artikel soll exemplarisch auf den Detailpunkt Fensterlaibung eingegangen werden. Beim Anschluss an die Fensterbrüstung ist die Konterlatte bis an die Unterkante der Fensterbank zu führen. Eine einwandfreie Entlüftung erreicht man, indem man die oberste Traglatte mindestens 20 mm tiefer setzt. Gegebenenfalls kann eine Bohle als Unterlage für die Fensterbank eingebaut werden. Die Fensterlaibungen können, je nach Laibungstiefe und optischen Anforderungen, mit Holzschindeln oder mit Futterbrettern ausgeführt werden. Werden die Laibungen mit Schindeln gedeckt, sollten diese bis an den Fensterrahmen herangeführt werden. Wie bei einer Außenwandecke sollten die Eckschindeln etwa 3 mm hervorstehen, um auch bei Schwindvorgängen Witterungsschutz zu gewährleisten.

Verfärbungen sind völlig normal

Gerade Lärchenschindeln vergrauen mit der Zeit durch die Witterungseinflüsse. Das tut der Funktionalität der Schindelfassade keinen Abbruch. (Quelle: Theo Ott GmbH)

Ein immer wieder angeführter Aspekt im Zusammenhang mit Holzfassaden ist ihre witterungsbedingte Verfärbung. Es lässt sich nicht wegreden und auch nicht vermeiden, dass eine Holzfassade über die Jahre hinweg ihre Farbe verändert. Auch kann wegen der üblicherweise unterschiedlichen Verschattung und Bewitterung einer Fassade keine gleichmäßige Verfärbung garantiert werden. Ein Dachüberstand beispielsweise führt unweigerlich zu unterschiedlichen Farbveränderungen der benachbarten Schindeln. Selbst eine ausladende Fensterbank kann dies abhängig vom Sonnenstand bewirken. Einer Verfärbung kann mit einer farblichen Gestaltung entgegengewirkt werden. In diesem Fall sind geeignete und zugelassene Farben zu verwenden. Ein langfristig regelmäßig anfallender Pflegeprozess ist dann jedoch notwendig.

Regionen bieten traditionelle Besonderheiten

Traditionelle Holzschindelfassaden befinden sich besonders in waldreichen Gebieten. Im Alpenraum wurden und werden hauptsächlich Fichten- und Lärchenholz für die Schindelherstellung verwendet, in Mitteldeutschland eher Eichen- und Buchenholz. Schindelfassaden in norddeutschen Küstengebieten bestehen oft aus Eichenholz. Auch nordamerikanische Indianer bauten mit Schindeln. Sie nutzten vornehmlich Western Red Cedar. In Stadtchroniken finden sich oft zahlreiche Hinweise darauf, dass es früher offenbar üblich war, mittelalterliche bürgerliche und bäuerliche Häuser mit Holzschindeln zu decken. Erst als das Nutzungsrecht der Wälder allein auf den Grundbesitzer überging und Holz im Zuge dessen bezahlt werden musste, verringerte sich der Anteil an schindelgedeckten Häusern. Gleichzeitig hielten neue Materialien Einzug in das Bauwesen. Die aktuelle Architektur hat die Holzschindel wiederentdeckt. Holzschindeln lassen sich in Kombination mit modernen Baumaterialien harmonisch einbinden. Das Ergebnis gleicht einem besonderen Charakter der „Facciata“ (lat. Fassade), die architekturhistorisch die Schauseite eines Bauwerks bildet.

Autor:
Tunay Öztunc

zuletzt editiert am 05.04.2023