Anwender wünschen sich einen möglichst strapazierfähigen und langlebigen, pflegeleichten und optisch ansprechenden Bodenbelag. Mehr und mehr tritt zum Anforderungskatalog auch der Bio-Charakter des Belages hinzu. Aber was macht einen solchen Belag aus? Und welche Systeme werden dem Anspruch gerecht?
Ähnlich wie bei manch anderem Produkt ist „bio“ oder „öko“ auch für Bodenbeläge längst nicht definiert oder gar geregelt. Weitgehende Einigkeit besteht allerdings darin, dass dieser Ansatz nach Kriterien der Nachhaltigkeit und gesundheitlichen Unbedenklichkeit zu bewerten ist. Zugleich spielen die Herstellung und die dabei eingesetzte Energie, die Nutzungs- und Pflegeeigenschaften, zunehmend aber auch kreislaufwirtschaftliche Aspekte wie die Entsorgung oder Weiterverwendung in den Begriff hinein.
Ein Kriterium, an dem Bodenbeläge hier wichtig zu messen sind, ist das Emissionsverhalten. Dies ist vor allem bei flexiblen Belägen der Fall, die auch nach Jahren noch eine hinreichende Elastizität aufweisen sollen. Dafür eingesetzte Weichmacher können jedoch mit der Zeit entweichen, sodass etwa phthalathaltige PVC-Beläge als gesundheits- und umweltschädlich gelten.
Die angelegten Kriterien entscheiden
Obwohl das Konzept „Bio“- oder „Öko“-Bodenbelag“ bislang nicht geregelt ist, können doch diverse Systeme unter diese Kategorie gefasst werden. Dies macht sich wesentlich an der Schadstofffreiheit und Naturbelassenheit der eingesetzten Materialien fest. Nicht immer jedoch fließen in die Bewertung alle weiteren Kriterien wie der Energiebedarf mit gleicher Wichtung ein.
Je nachdem, welche Kriterien in den Vordergrund gerückt werden, sind die unterschiedliche Aspekte betonenden Begriffe „bio“, „umweltfreundlich“ oder „ökologisch“ geeignet, ein jeweiliges System zu beschreiben. So zählen Massivholzprodukte, Kork, Woll- und Naturfaserteppiche sowie Naturstein – vorausgesetzt, dass schadstofffreie Binder, Klebstoffe und Beschichtungen zum Einsatz kommen – zu den Bio-Belägen, rücken also das Material und die Verträglichkeit in den Vordergrund. Sie bestehen fast vollständig aus natürlichen Rohstoffen, die in der Lage sind, Feuchtigkeit zu puffern und auszugleichen und so das Raumklima positiv zu beeinflussen.
Naturbelassen und schadstofffrei
Massivholz lässt sich variantenreich als Diele, Parkett oder Pflaster verlegen. Bei einer Oberflächenbehandlung mit Öl oder Wachs dürfen diese Systeme als echte ökologische Bodenbeläge gelten. Dabei bieten sie lange Haltbarbeit und leisten oft noch nach Generationen ihren Dienst. Bio-Böden aus Massivholz stehen damit für Wertigkeit und Beständigkeit, aber auch Behaglichkeit und Ästhetik.

Bodenbeläge aus Kork werden bekanntlich aus der Rinde der Korkeiche hergestellt, die zu Granulat verarbeitet und verpresst wird. Um von einem Bioprodukt sprechen zu können, muss die Bindung zum Beispiel mit einem Naturharz erfolgen. Zugleich sollte für das Verkleben ein gesundheitlich unbedenklicher Latexkleber eingesetzt und die Oberfläche mit einem natürlichen Öl oder Wachs beschichtet werden. Auf diese Art wird Kork zu einem strapazierfähigen, pflegeleichten und optisch warm wirkenden Bio-Belag.
Auch Woll- und Naturfaserteppiche haben das Potenzial zum Bio-Bodenbelag. Dafür müssen sich aber nicht nur mit einem Naturlatexrücken ausgerüstet sein, beim Verkleben muss auch ein Naturlatexkleber Einsatz finden. Zudem sollte der Nutzer darauf achten, dass für eine Verbesserung der Lagerfähigkeit und Haltbarkeit keine Gifte eingesetzt wurden, etwa Pyrethroide gegen Insekten.
Granit, Marmor, Schiefer oder andere Gesteine sind langlebige Bodenbeläge, die durch ihre Schadstofffreiheit und zu Bio-Materialien werden. Zugleich ist Naturstein wiederverwendbar und recyclingfähig. Eine bedenkliche Ökobilanz kann sich ergeben, wenn die Herstellung sowie die Herkunft und damit verbundene Transportwege überdurchschnittlich in die Bewertung eingehen.
Genau hinsehen
Linoleum gilt als modernes elastisches Naturprodukt. Seine Hauptbestandteile sind Leinöl, Holz-, Korkmehl oder Jute, Harze sowie mineralische Füll- und Farbstoffe. Etwa 80 % der Grundstoffe sind demnach nachwachsende Rohstoffe, was Linoleum zusammen mit der Recyclingfähigkeit eine gute Ökobilanz beschert. Linoleum gilt als sehr robustes Material, das Generationen überleben kann und sich einfach reinigen lässt. Antibakteriell wirkend, ist Linoleum zudem für Allergiker geeignet. Wichtig für die Einstufung der Umweltfreundlichkeit ist, welche Bestandteile für die Verklebung und werkseitige Oberflächenbehandlung eingesetzt wurden. Entscheidet sich der Nutzer für unbehandeltes Linoleum, muss der Belag mit einem Hartwachs behandelt werden.

Vinylböden kamen in der Vergangenheit nicht ohne die eingangs erwähnten Weichmacher aus. Heute dürfen die extrem haltbaren, äußerst vielfältigen Systeme aufgrund von EU-Auflagen nur in den Handel, wenn ihre Schadstoffbelastung geprüft wurde. Ein Nachweis dieser Prüfung ist freilich nicht gleichbedeutend mit Schadstofffreiheit. So bleibt dem Verbraucher einmal mehr die Aufgabe, sich über das ihn interessierende System möglichst umfassend zu informieren. Umwelt- und Qualitätssiegel können hierbei eine Hilfestellung sein. Wie unscharf etwa das Konzept „bio“ ist, zeigt auch sich daran, dass für die Kennzeichnung von Vinyl die Regulierung des Raumklimas nicht entscheidend ist. Denn das kann es nicht.

Fazit
Das Konzept Bio- oder Öko-Bodenbelag ist bislang kein in sich geschlossener Ansatz. Trotzdem lassen sich Beläge benennen, die bei Anwendung ausgewählter Kriterien die Einstufung rechtfertigen. Eine objektive Einstufung und Vergleichbarkeit von Produkten bleiben allerdings unmöglich, zumal relevante Kriterien in unterschiedlicher Wichtung eingehen. In jedem Fall ist damit eine Beratung durch den Fachmann zum stets konkreten Produkt zu empfehlen, der den Anwender über die ihm wichtigen Kriterien informiert.
Autor: Dr.-Ing. Michael Hobohm