Eine Nahaufnahme einer Wand mit sichtbaren Rissen und Schattierungen.
Hier zeichnen Risse in der Wand die Mauersteine nach, die unter dem Putz liegen. (Quelle: Tim Mossholder auf Unsplash)

Wand & Decke 2025-08-05T07:53:00Z Risse in der Wand richtig einschätzen

Risse in der Wand sollten untersucht werden: Sind sie nur oberflächlich, sitzt das Problem tiefer? Diese vier Beispiele helfen, die Ursache zu finden.

Risse in Wänden können unterschiedliche Ursachen haben – manche sind harmlos, andere können die Standsicherheit eines Gebäudes gefährden. Das Risiko und ihre Herkunft einzuschätzen, ist nicht immer ganz einfach. Anhand von vier realen Bauchschäden zeigen wir, welche möglichen Ursachen Sie prüfen sollten. 

Eines vorweg: Ganz gleich, wo sich ein Riss befindet, zunächst sollte immer seine Tiefe und Breite bestimmt werden. Ein Riss, der sich nur oberflächlich im Putz zeigt, kann zwar auf ein ernstes Problem (z.B. unerwartete Bauteilbewegungen!) hinweisen, ist in der Regel aber harmloser als ein tiefer Riss im Mauerwerk.  Bei den Beispielen handelt es sich um reale Schäden, die hier exemplarisch beschrieben werden, um erste Überlegungen bezüglich der Ursachen zu ermöglichen. 

Aus den Eigenschaften eines Rissbildes direkt auf seine Ursachen zu schließen ist nicht möglich!  

Risse parallel zur Decke  

Beschreibung: Ein Riss, der im Innenraum an der Wand parallel zur Decke verläuft und sich nur im Putz befindet. Tiefere Schichten sind nicht betroffen. 

Mögliche Ursache: Hierbei könnte es sich um einen Bauschaden handeln, der häufiger vorkommt:  Der Putz an der Decke wurde nicht vom Putz an der Wand entkoppelt. Im Neubau kann das Problem zum Beispiel bei Stahlbetondecken auftreten, weil der Beton auch nach dem Trocknen noch Wasser abgibt. Dadurch zieht sich die Decke minimal zusammen, der Wandputz hält dem Zug nicht stand. Bei Trockenbaukonstruktionen treten solche oder ähnliche Risse im Wand-/Deckenbereich häufig auf, da es hier meist zu Bauteilbewegungen oder zu einer Durchbiegung der Decke kommt.  

Vermeidung/Sanierung: Beim Verputzen von Stahlbetondecken und anschließenden Wandbereichen kann ein sogenannter „Kellenschnitt“ gesetzt werden: ein Schnitt im Putz, der unter der Farbe oder der Tapete als Solchbruchstelle fungiert und von unten kam oder gar nicht sichtbar ist. Im Trockenbau und überall dort, wo größere Bauteilbewegungen zu erwarten sind, bietet es sich an, eine Silikonfuge zu setzen.  

Putzrisse über Bauteilübergängen  

Beschreibung: Risse in der Wand, die vertikal, nicht über die gesamte Länge, geradlinig an einer Außenwand ohne direkt angrenzende andere Bauteile verlaufen und nur den Putz, nicht aber das Mauerwerk betreffen.  

Mögliche Ursachen: Es lohnt hier die Wand über ihre Breite hinweg an mehreren Stellen zu öffnen, insofern nicht bekannt ist, was sich unter dem Putz befindet. Da die Risse vertikal verlaufen, kann von Spannungen ausgegangen werden, die über die Breite der Fassade verlaufen und nicht von oben nach unten (oder andersherum). Die Risse könnten von einem Übergang verschiedener Materialen kommen, die sich bei Temperaturwechseln nicht gleichmäßig ausdehnen oder zusammenziehen.  

Vermeidung/Sanierung: Wie Sie Putzrisse über Materialwechseln an der Fassade vermeiden, lesen Sie im Beitrag zum Fassade verputzen. Je nach Größe der Risse und Häufigkeit der Materialwechsel kann die Fassade insgesamt oder nur teilweise neu verputzt werden. 

Risse in der Wand mit großen Rissbreiten 

Beschreibung: Breite und teilweise tiefe Risse an Außenwänden, die sowohl innen als auch außen sichtbar sein können.  

Mögliche Ursachen: Hier ist Vorsicht geboten! Vom Absacken des Untergrunds bis zu Fehlern in der Gebäudekonstruktion oder Umwelteinflüssen wie Erdbeben reicht das Spektrum der möglichen Ursachen. Hilfreich ist, zunächst zu prüfen, ob die Risse spontan aufgetreten sind, ob sie sich klar auf ein Ereignis zurückführen lassen – etwa ein Hochwasser, oder ob sie sogar schon lange bestehen, ohne, dass sich weiter etwas ändert. Eine Ursache kann zum Beispiel eine Unterspülung des Hauses sein, wenn die Gründung nicht tragfähig ist, beziehungsweise durch ein Starkregenereignis destabilisiert wurde. Das Haus droht in diesem Fall, weiter abzusacken, solange nichts unternommen wird. 

Vermeidung/Sanierung: Die Ursache sollte schnellstmöglich gefunden und beseitigt werden.  

Risse mit netzartigem Verlauf über Fugen des Mauerwerks 

Beschreibung: Feine, oberflächliche Risse zeigen sich außen an einer Wand in horizontaler und vertikaler Richtung, als würden sie die Fugen zwischen den Mauersteinen nachzeichnen. Achtung: Gehen Sie sicher, dass die Risse sich nur in der Putzschicht befinden! Risse in Fugen oder Abrisse zwischen Fugen und Mauersteinen können ernstere Ursachen haben. 

Mögliche Ursachen: Wenn die Risse exakt über den Fugen auftreten, kann es sein, dass ein Problem mit seinem Schwindverhalten vorliegt. Es lohnt, den Putzaufbau einmal nachzuvollziehen: Wurde zum Beispiel ein Oberputz verwendet, der härter ist als der Unterputz? Ein Oberputz sollte in der Regel weicher sein als der verwendete Unterputz. Ist der verwendete Putz für den Untergrund geeignet? In jedem Fall „schafft“ es die Putzkonstruktion nicht, Spannungen zwischen Fugenmörtel und Mauersteinen zu überbrücken.  

Vermeidung/Sanierung: Putzsysteme sollten immer gut auf den Untergrund abgestimmt sein. Treten diese oder ähnliche Schäden auf, hilft nur: neu verputzen, aber diesmal richtig! 

Bauschäden und ihre Kosten schnell einschätzen

Sie möchten Bauschäden und ihre Kosten anhand von Bildern und Kurzbeschreibungen einschätzen? „Typische Bauschäden im Bild“ zeigt anhand von 195 realen Beispielen die Ursachen und geschätzten Sanierungskosten von Bauschäden.

Quellen:  
Egenhofer, M.; Hergenröder, M.; Ertl, R.; Strunck, T.: Typische Bauschäden im Bild. 4. Auflage. Köln: RM Rudolf Müller Medien GmbH & Co. KG, 2025. 

Autorin:
Pauline John
Redaktion Ausbaupraxis

zuletzt editiert am 05. August 2025